Ende März stand ich auf meinem kleinen Stückchen „Selbstversorger-Land“ und war, mal wieder, etwas fassungslos. Es war das erste Mal, dass ich nach dem Winter dort war. Und wie schon in den Vorjahren ließ mich der Anblick kurz zusammenzucken. Kaum ist es auch nur ein ganz kleines bisschen wärmer geworden und die ersten Sonnenstrahlen sind auf die Erde gefallen, schon beginnt die Natur sich selbstbewusst das im letzten Jahr mit viel Schweiß auf der Stirn und Blasen an den Händen urbar gemachte Land, zurückzuerobern. Als wäre ich gar nicht dagewesen im letzten Jahr. Hätte nicht gegraben, gepflanzt, gehegt und gepflegt, gedüngt, gegossen und den kleinen Pflänzchen aufmunternd zugeredet.
Beim ersten Blick auf das Gras und Unkraut, dass sich still und leise das Terrain zurückerobert und meine mühevoll gesetzten Beetumrandungen schon wieder komplett überwuchert hat, würde ich manchmal am liebsten aufgeben. Das Handtuch schmeißen. Mich umdrehen und wieder nach Hause fahren. Aber dann bleibe ich doch immer. Hinter der Verzweiflung über diese scheinbar vergebene Mühe steht aber auch diese riesige Freude über diese unbändige Kraft der Natur. Sie gibt mir Hoffnung und Zuversicht, dass die Erde noch immer die Kraft und den Wunsch hat, sich zu erneuern. Obwohl wir Menschen nun wirklich nicht gut mit ihr umgehen. Dass sie diejenige ist, die nicht aufgibt. Wer zuletzt lacht, lacht am besten! Dieses kleine Stückchen Land war vor einigen Jahren noch eine Wiese. Und wie es gerade aussieht, ist sie auf dem Weg wieder eine zu werden.
Vertrauen, dass es gut wird
Das Wort Zuversicht begegnet mir in diesem Jahr sehr oft. Matze Hielscher vom Podcast „Hotel Matze“ nennt es sein „Wort des Jahres 2024“. Die Schriftstellerin und Journalistin Gabriele von Arnim erwähnt es oft in ihrem Buch „Der Trost der Schönheit“ oder macht es gar zum Untertitel ihres neuen Buches „Liebe Enkel oder Die Kunst der Zuversicht“ Sie schreibt darin: „Zuversicht ist hingegen Arbeit, kostet Kraft und Zeit, erfordert Beharrlichkeit, braucht Wachheit und Fantasie. Aber sie gibt auch Kraft. Weil Zuversicht uns innerlich wärmt, uns anspornt“.
Fragt man Wikipedia, so heißt es: „Zuversicht ist laut Duden ein „festes Vertrauen auf eine positive Entwicklung in der Zukunft, auf die Erfüllung bestimmter Wünsche und Hoffnungen“. Und auch: „Als positive Grundhaltung ist Zuversicht verwandt mit dem Optimismus“.
Zuversicht ist auch verwandt mit Hoffnung. Aber sie ist eigentlich noch viel mehr. Sie ist der feste Glaube daran, dass etwas gut werden wird.
Aufgeben ist keine Option
Und so mache ich mich auch in diesem Jahr wieder an die Arbeit. Befreie die Beete von Gras und Unkraut, harke Kompost und Urgesteinsmehl unter die Erde, um dem Boden etwas zurückzugeben. Fahre schubkarrenweise Unkraut zum Komposthaufen und erobere mir nun meinerseits ein wenig Platz zurück. Von der Verzweiflung keine Spur mehr. Stattdessen Freude am Tun. Demut vor diesem Geschenk. Mit beiden Händen tief in der dunklen, weichen Erde rückt die Welt sich wieder zurecht und die Dinge fallen an ihren Platz. In mir wird es ruhig. Die Zeit läuft langsamer. Die kleinen und großen Dinge, die mich in der Welt manchmal versuchen aus der Bahn zu werfen, scheinen weniger wichtig. Zumindest sehen sie hier weniger bedrohlich aus. Etwas zu tun, hilft gegen Resignation. Hier, so nah an der Natur, ist sie wieder da, die Kraft der Zuversicht. Reicht mir eine erdige Hand und schenkt mir eine tröstende Umarmung. Die Erde teilt ihre Kraft und Zuversicht großzügig mit mir. Eines ihrer vielen Geschenke.
Alles verändert sich. Ständig. Und wenn es steil bergab geht, dann kommt auch irgendwann der Punkt, an dem es wieder bergauf geht. Auch wenn es manchmal aussichtslos und frustrierend scheint.
Ja, ich bin zuversichtlicher, wenn ich nach einigen Stunden auf dem Land wieder nach Hause fahre. Das Wissen, jedes Jahr wieder die Möglichkeit zu haben, Neues anzupflanzen und ihm beim Wachsen zuzusehen, gibt mir auch das Gefühl, anderswo im Leben etwas tun zu können. Es gibt mir Kraft und Zuversicht. Ich kann die Welt nicht retten. Aber ich kann im Kleinen etwas tun. Und sei es, dass ich mindestens ein Drittel des kleinen Landstücks mit bienenfreundlichen Blumen bepflanze. Das habe ich schon im letzten Jahr so geliebt. Es war jedes Mal unglaublich schön, dort anzukommen und dieses bunte Meer an Blumen zu sehen. Und während ich in der Erde buddele, ist die Luft erfüllt vom Summen der Bienen und Hummeln.
Und noch etwas daran stärkt mich in meiner Zuversicht: Ich bin absolut kein Experte im Gärtnern oder Selbstversorgen. Mir fehlt meist die Zeit und auch die Lust, Bücher darüber zu wälzen und aufwendige Pflanzpläne zu erstellen. Ich habe mir ein ganz kleines Basic-Wissen angeeignet und ein wenig über Fruchtfolgen und darüber, welche Pflanze gut mit wem kann (oder nicht) informiert. Ich kann nur wenig Know-How einbringen, dafür aber viel Zuversicht, Begeisterung, Fürsorge und Liebe. Den Rest überlasse ich Mutter Erde. Und bisher hat es ganz gut geklappt. Ich bin zuversichtlich, dass es dieses Jahr auch wieder etwas wird.
Inzwischen wachsen die ersten kleinen Pflänzchen auf den Beeten und jede Menge Erdbeeren und Johannisbeeren sind schon zu sehen. Noch grün natürlich. Ich fühle mich glücklich und erfüllt von der Arbeit auf dem Land. Und immer wieder dankbar, hier diese Möglichkeit zu haben, etwas anzubauen und in Kontakt mit der Natur zu sein.
Wenn ich mir etwas wünschen dürfte, dann wäre es, dass mehr Menschen erfahren, wie wertvoll dieses Miteinander mit der Natur ist. Weil alle dann nämlich zwangsläufig mehr Ehrfurcht und Staunen vor diesem Wunderwerk Erde empfinden würden. Dann wäre, ganz selbstverständlich, der Umgang mit ihr ein anderer und die Prioritäten wären klar.
Ich bleibe zuversichtlich, dass ein anderes Verständnis und die Erkenntnis, dass wir ohne diese Erde nicht existieren können, dass wir ein Teil von ihr sind, immer klarer wird. Sie ist nicht umsonst „MUTTER Erde“
Und ich schließe mich dem Unkraut an: Aufgeben? Gibt’s nicht!
Wie geht es Dir damit? Schreib mir gerne.